Sterben und Tod im Bergischen Land
128 Seiten,
28 Abbildungen
Format 13 x 21 cm
Paperback
9,80 €
ISBN: 978-3-935873-44-4
Gaasterland Verlag
Gleichwohl der Tod elementarer Bestandteil des Lebens und damit auch der Lebensformen und -gewohnheiten ist, ging man mit diesem so traurigen Ereignis in den Dörfern und kleinen Städten des Bergischen Landes oft sehr individuell und im wahrsten Sinne des Wortes eigen-artig um. Sitten und Gebräuche der eigenen Art hier, nur über den Berg im anderen Tal wiederum andere.
Die Religionen schieden ebenso Zeremonien und Gebräuche, wie es auch die verschiedenen politischen Situationen und Stationen taten – etwa vor und nach der napoleonischen Besatzung. Erst da wurde nämlich verfügt, dass Friedhöfe, Grabstätten, nicht mehr wie bis dato üblich nahe der Kirche sein durften, sondern in gewissen Abstand zu Wohnhäusern. Dass sich die Friedhöfe heute längst wieder innerhalb der Ortschaften befinden, ist vor allem dem raschen Anwachsen der Stadtbevölkerung zuzuschreiben.
Rezension:
(Abbildungen entstammen nicht dem Buch)
Grabsteine und -platten, Denkmäler, bewahren die Erinnerung an Personen und Familien, von und auf deren Erbe wir sozusagen die Gegenwart gestalten. Der Tod als unausweichliches Schicksal ist ein Thema, das Menschen zu allen Zeiten aufs Tiefste und Intensivste bewegte. Im Buch werden viele Aspekte der Trauerkultur zusammengetragen.
Gleichwohl das Thema für viele eine Tabu und wahrlich auch leicht gruselig ist, sind gerade in den Toten-, Aufbahrungs- und Begräbnis-Bräuchen Denken und Fühlen der Altvorderen zumindest in Bruchstücken erkenntlich. Erstaunlich, wieviel Aberglauben, fast schon Hexenmagie, im Spiel war, wenn Toten Fingernägel geschnitten, die Zehen mit Strohbüscheln zusammengebunden oder, lagen sie noch im Haus, in der guten Stube gar, dort zwingend drei Kerzen brennen mussten.
Der Autor nimmt sich des sicherlich für ein Heimatbuch außergewöhnlichen Themas in der Bandbreite aller Aspekte an, zeichnet mit den vielen Details gut die Verzweiflung und dennoch auch oft ergebene, geduldig ertragene, stoische Ritualität im Umgang mit dem Unvermeidlichen. Die Fassungslosigkeit, die sich damals wie heute bei jedem Sterben ausbreitet, wurde oft in einen geradezu rührende Hilflosigkeit gewandelt, wenn es darum ging, erinnerndes Andenken zu bewahren. Ein Grabstein in Wald:
"Nach Kummer und Beschwerde
Liegt hier in kühler Erde
Von Rösling das Gebein.
Er war im ganzen Leben
Der Harmonie ergeben
Und trank gern Branntewein."
(Rösling ist der Familienname)
In Zeiten, da Medizin und Hygiene extrem unterschiedlich zu den heutigen waren, gab es auch Dinge, die uns nunmehr unvorstellbar erscheinen, aber wahr sind: Der Hildener Arzt Fabry beispielsweise, berichtet von der wohltuenden und lindernden Wirkung von Menschenfett, dass man Toten entnommen hat ...
Ja, das Buch berührt Tabus, nicht zuletzt, weil es aber durchgängig sehr sachlich und vollkommen frei von wertendem Unterton minutiös das Thema insgesamt und umfänglich sachlich darstellt, ist es des Lesens absolut wert.
Text, Fotos, Reproduktion: hgw