Hexenglauben im Bergischen Land
96 Seiten
100 Bilder (Schwarz-Weiß)
16,5 x 23,5 cm
Broschur
ISBN: 978-3-86680-319-0
Sutton-Verlag
17,90 €
Man mag es kaum glauben: auch hier im Bergischen Folter und grausame Hinrichtungen, aus purer Verblendung und einer heute nicht mehr nachvollziehbaren Frömmigkeit.
Was der Autor hier an Fakten und Details zusammengetragen hat, lässt einem zuweilen den Atem stocken. Da werden Frauen um 1500 eingesperrt, unsäglich gefoltert, verbrannt, geköpft – und die Verwandten müssen noch beim Scharfrichter zahlen, weil er sein Werk vollbracht und die Frauen bei sich „untergebracht“ hat ... - - -
Doch klar wird auch gesagt, dass sich Reste der einstigen Hysterie, was nicht erklärbar sei, sei des Teufels und der Hexen, bis heute übergekommen sind, wenn auch als Schrulle: die Zahl 13, Klopfen auf Holz, keine Wäsche waschen „zwischen den Tagen“ (Weihnachten und Neujahr) – alles Quatsch, aber auch noch diffuses „könnte ja sein!“- Zu welch Unmenschlichen das Nichtwissen geführt hat, davon legt das Buch in gruseliger Weise Zeugnis ab.
Für historisch Interessierte ein Quelle, die in dieser Form einmalig sein dürfte.
Rezension:
Wie muss es einst in den Gehirnen und Gedanken der Altvorderen gespukt haben; welchen Ängsten und Bedrohungen fühlten sie sich ausgesetzt? Was uns heute als Naturphänomen oder in der Medizin völlig selbstverständlich – vollständig erklärbar – ist, mag manchen einst bei Schwarzer Magie Zuflucht gesucht haben. Mit Riten und Gebräuchen, wie sie selbst nicht absurder und „hexenhaft” hätten sein können.
Unter die Haut geht zweifellos das Wissen, seinerzeit – im 15. bis 17. Jahrhundert – genügte oft schon ein Verdacht, eine Vermutung, eine achtlos dahergeplapperte Bemerkung, um eine Frau zur Hexe zu erklären. Das konnte durchaus mit Verbrennen bei lebendigem Leibe enden, so wie in Zentraleuropa vielerorts.
Letzten Endes ist das Buch – obwohl es zwar kommentiert, aber nie polemisch wird, schon gar nicht eifernd – ein glühendes Plädoyer für Vernunft und Aufklärung, gegen Vorurteilhaftigkeit und Lust am Denunziantentum. Weil es der Historie wegen nicht anders kann als mahnend „seht her, wohin es führt, wenn man leichtsinnig urteilt“ drastisch vor Augen zu führen.
Es muss wohl Psychologen vorenthalten bleiben zu erklären, warum sich über Jahrhunderte eine so tiefe Furcht in den Menschen breit machte, dass sie bereit waren, sozusagen Nachbarn und Freunde zu „verraten” und zu „opfern”, denn alle wussten nur zu genau, was mit der Hexerei bezichtigten Frauen geschah. Während die Heinzelmännchen als gute Geister (letzten Endes auch mit Hexerei) als schrullig-willkommen in Sagen und Märchen weiterlebten, ist Wissen, Können, sind unerklärliche Leistungen und Erfolge von Frauen über viele Jahrhunderte eben als Hexerei und Teufelszeug verdammt worden. Es ist logisch, dass solch eine Polarität die Gesellschaft prägte – oder eben: War es genau umgekehrt? Die Verachtung der Frau führte zur moralischen Absolution, auch über ihr Leben bestimmen zu können?
Das wird nicht explizit ausgeführt, doch der Stoff des Buches bietet soviele Aspekte im einzelnen, dass jeder Lesende solchen und andern Fragen nachgehen und damit auch ein ganz persönliches Bild des seinerzeitigen Bergischen und seiner Menschen gewinnen oder manches Wissen korrigieren kann.
Das Thema ist zwar erst einmal „sperrig”, vielleicht scheut man davor zurück. Aber wieder einmal ist es Geschichte dargestellt im realen Lebenalltag und damit der Kenntnis allemal wert.
Text, Fotos, Reproduktion: hgw